Eyetracking-Studie zur Untersuchung der Auswirkungen von Stress auf die Urteilsgüte von angehenden Lehrkräften
Dissertation - Fak. 1 - Psychologie
Status:abgeschlossen
Kurzinhalt:Das vorliegende Projekt ist im Forschungs- und Nachwuchskolleg 'Diagnostische Kompetenzen von Lehrkräften (DiaKom)' der Pädagogischen Hochschulen Heidelberg und Freiburg angesiedelt. Das Forschungsprojekt beabsichtigt im interdisziplinären Feld von pädagogisch-psychologischer Diagnostik und Mathematikdidaktik den Einfluss von Stress auf den Informationsverarbeitungsprozess während des Wahrnehmens und Beurteilens von Mathematikaufgaben sowie realen Schülerlösungen zu untersuchen. Das durch eine Situation ausgelöste Stresserleben einer Lehrkraft als möglicher Einflussfaktor auf die Diagnosekompetenz erfuhr in der empirischen Forschung bislang wenig Beachtung. Das hierhin vorgestellte Projekt setzt an dieser Forschungslücke an.
Durch den sozialevaluativen Kaltwasserstresstest (= socially evaluated cold-pressor test, kurz SECPT) wird im vorliegenden Projekt eine künstliche Stressreaktion bei den ProbandInnen, N = 80 Mathematiklehramtsstudierende der Pädagogischen Hochschule Heidelberg, erzeugt. Die Abgabe und Auswertung von insgesamt vier Speichelproben vor und nach den Beurteilungsprozessen lässt eine Dokumentation der Cortisolwerte der ProbandInnen und dem damit verbundenen objektiven Stresszustand zu. Die Auswertung der Cortisolproben übernimmt ein ausgelagertes Labor der Universitätskliniken Heidelberg.
Durch die Aufzeichnung von Blickpfaden während des Urteilsprozesses mithilfe des Eyetrackings können Rückschlüsse auf die zugrundeliegenden Informationsverarbeitungsmechanismen gezogen werden. Der Blickpfad spiegelt dabei die meist unbewussten und hochautomatischen Verarbeitungsprozesse und -strategien wider. Durch die veränderlichen Blickdauern auf definierte Blickorte (Fixationen), sowie durch die Anzahl und Abfolge von Blicksprüngen zwischen den Blickorten (Sakkaden) kann der Einfluss von Stress auf die Wahrnehmung sowie Verarbeitung von Hinweisreizen untersucht werden. Die zusätzliche Erhebung von think-aloud Daten ermöglichen, die Blickbewegungsdaten stringenter auswerten und die Diagnoseleistungen der Studierenden in Abhängigkeit vom induzierten Stresserleben untersuchen zu können.

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Ergebnis:Nach derzeitigem Forschungsstand ist davon auszugehen, dass Stress kognitive Ressourcen bindet und wesentliche Aspekte des Diagnosegegenstandes für die ProbandInnen weniger oder nicht salient erscheinen lässt. In Anlehnung an das Linsenmodell sowie die Dual-Process-Theorien ist zu vermuten, dass Personen unter Stress vermehrt oberflächlich erkennbare Merkmale des Diagnosegegenstandes fokussieren und für ihre Urteilsbildung als entscheidend einschätzen. Eine systematisch-analytische Vorgehensweise der Urteilsbildung beansprucht, insbesondere bei neuartigen oder herausfordernden Anforderungen, kognitive Kapazitäten, die durch Stresserleben nicht für die Urteilsbildung zur Verfügung stehen. Es kann angenommen werden, dass unter dieser Bedingung auf intuitiv-heuristische Strategien der Urteilsbildung zurückgegriffen wird. Unter Stresserleben wird die Anzahl der Sakkaden - als Indikator für Verarbeitungsschwierigkeiten - zunehmen werden. Die Fixationen werden sich auf oberflächlicher erkennbare Merkmale fokussieren, sowie die Urteilsgüte im Gesamten abnehmen.
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Projektdauer:01.08.2017 bis 31.07.2020
Projektbeteiligte:
Becker, Sara [Profil]


In Zusammenarbeit mit:Prof. Dr. Birgit Spinath, Universität Heidelberg
Prof. Dr. Tobias Dörfler, Pädagogische Hochschule Heidelberg
medizinisch-psychologisches Labor, Universitätskliniken Heidelberg
Verweis auf Webseiten:
Projekthomepage
keine
Angehängte Dateien:
keine
Erfasst von Sara Becker am 15.01.2019
Zuletzt geändert von Dr. Amrei Maddox am 07.10.2019
    
Projekt-ID:639