"Blinde Flecken in der Mathematik" Eine explorative Studie zur Betrachtung mathematischer Kompetenzen im interkulturellen Vergleich
Dissertation - Fak. 1 - Sonderpädagogik - Pädagogik der Lernförderung
Status:abgeschlossen
Kurzinhalt:Die Vorstellungen von dem, was Mathematik resp. Schulmathematik ist und wer als mathematisch kompetent gilt, hängt von der jeweiligen Situation sowie individuellen und soziokulturellen Aspekten ab. Um am (Mathematik-)Fachunterricht teilhaben zu können, werden neben Kenntnissen der Fach- und Unterrichtssprache vielfältige fachliche, personale und methodische Kompetenzen benötigt, aber auch individuelle Lernbedingungen müssen berücksichtigt werden. Kompetenz stellt eine Verknüpfung zwischen Wissen und Können dar, die zur Bewältigung unterschiedlicher Situationen befähigt. In den VAB-O-Klassen (Vorqualifizierungsjahres Arbeit/Beruf mit Schwerpunkt Erwerb von Deutschkenntnissen) der beruflichen Schulen in Baden-Württemberg konnten im Rahmen des Projektes "Reallabor Asylsuchende in der Rhein-Neckar-Region" erste Erfahrungen zum Mathematiklernen von Geflüchteten gesammelt werden.

Resultierend aus diesen Erfahrungen geht die vorliegende Studie durch die Kombination quantitativer und qualitativer Methoden der Frage nach, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede sich im interkulturellen Vergleich von mathematischer Kompetenz unter Berücksichtigung verschiedener den Kompetenzerwerb bedingender Faktoren, wie Intelligenz, mathematikbezogenen Vorstellungen und mathematische Basiskompetenzen sowie bildungsbiografischen, sprachlichen und soziokulturellen Aspekten, zeigen. Die Studie wurde im Drei-Gruppen-Design mit einer Gruppe arabischsprachiger Probanden und zwei unterschiedlichen deutschsprachigen Vergleichsgruppen durchgeführt. Im Sinne der sogenannten erweiternden Exploration wird die quantitative Erhebung durch qualitative Methoden vertiefend ergänzt.

Insgesamt zeichnet sich bei der Betrachtung der mathematischen Kompetenz im Kontext (Flucht)Migration eine sichtbare Heterogenität innerhalb der drei Stichproben ab. Stichprobenübergreifend zeigen sich wiederholt Gemeinsamkeiten zwischen den arabischsprachigen Teilnehmenden (Stichprobe AR) sowie den Schüler der beruflichen Schule (Stichprobe DB) sowohl hinsichtlich der mathematischen Kompetenzen als auch innerhalb der betrachteten Variablen. Die Übersetzung der Aufgaben ins Arabische zur Vermeidung von Barrieren durch unterschiedliche Kenntnisstände der deutschen Sprache scheint, so die Resultate der Studie, allein nicht ausreichend. Neben dem Spracherwerb als zentralem Faktor von Integration und Teilhabe, wie er vielfach im wissenschaftlichen Diskurs benannt wird, gilt es für die Gestaltung passender Bildungsangebote neben den bereits vorhandenen Basiskompetenzen auch individuelle bildungsbiografische, sprachliche und soziokulturelle Rahmenbedingungen gezielt zu berücksichtigen.

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titel:
(andere Sprache)
"Blind Spots in Mathematics. An exploratory study on the consideration of mathematical competencies in intercultural comparison.
Ergebnis:Zentrale Ergebnisse
- sichtbare Heterogenität innerhalb der drei Stichproben
- Gemeinsamkeiten zwischen den arabischsprachigen Teilnehmenden (Stichprobe AR) sowie den Schüler der beruflichen Schule (Stichprobe DB) sowohl hinsichtlich der mathematischen Kompetenzen als auch innerhalb der betrachteten Variablen
- Übersetzung der Aufgaben ins Arabische zur Vermeidung von Barrieren durch unterschiedliche Kenntnisstände der deutschen Sprache scheint, so die Resultate der Studie, allein nicht ausreichend
- Neben dem Spracherwerb als zentralem Faktor von Integration und Teilhabe, wie er vielfach im wissenschaftlichen Diskurs benannt wird, gilt es für die Gestaltung passender Bildungsangebote neben den bereits vorhandenen Basiskompetenzen auch individuelle bildungsbiografische, sprachliche und soziokulturelle Rahmenbedingungen gezielt zu berücksichtigen

Mathematische Kompetenz
- Die arabischsprachigen Teilnehmenden und die deutschsprachigen Probanden der beruflichen Schule zeigen mehrheitlich mathematische Kompetenzen, die nicht den Bildungsstandards der Jahrgangsstufe 9 entsprechen
- Die deutschsprachigen Teilnehmenden der 9. Klassen allgemeinbildender Schulen zeigen mit deutlichem Abstand bessere Leistungen.
- Anhand der Aufgabenbearbeitung zeichnet sich die Vermutung ab, dass die arabischsprachigen Teilnehmenden etwas kontinuierlicher, konsequenter und gründlicher arbeiten
- Mathematisches Argumentieren scheint eine kulturübergreifende allgemeinmathematische Kompetenz zu sein, da deren Aufgaben stichproben-übergreifend ähnlich häufig richtig gelöst werden.
- Stichprobenübergreifend werden Aufgaben aller Leitideen bearbeitet und (rudimentär) richtig gelöst. Kein Inhaltsbereich scheint damit stichprobenspezifisch gänzlich unbekannt zu sein.
- Die ähnliche Zunahme der bearbeiten Aufgaben innerhalb konkreter Leitideen bei steigender Kompetenzstufe lässt vermuten, dass kulturübergreifend einzelne Inhaltsbereiche von den Teilnehmenden mit besserer mathematischer Kompetenz gleichermaßen häufiger bearbeitet werden können
Mathematische Kompetenz und Konventions- und Regelwissen
- Die Leistung gezeigte Leistung im Konventions- und Regelwissen (KRW) ist ein Indiz dafür, dass etwaige Leistungsrückstände in Mathematik nicht lediglich die curricularen Inhalte betreffen, sondern auf basalen Defiziten im Bereich des Konventions- und Regelwissens beruhen.
- Signifikante Korrelation zwischen der mathematischen Kompetenz und den gezeigten Leistungen im Konventions- und Regelwissen zeigen sich stichprobenübergreifend.
- Das KRW stellt tendenziell einen relevanten bedingenden Faktor dar, da stichprobenübergreifend höheren Leistungen bei gleichzeitig höherer mathematischer Kompetenz zu beobachten sind. Es wird vermutet, dass das KRW als grundlegendes Gerüst der Mathematik kulturübergreifend ist, jedoch nicht als gegeben vorausgesetzt werden kann.
- Aus der Analyse der gewählten Ziffernform ergibt sich die Vermutung, dass besonders für Teilnehmende mit besonders niedriger mathematischer Kompetenz die Ziffernform zur Bearbeitung mathematischer Aufgaben zu beachten ist.
- Sprachfreie Rechenaufgaben als Erfolgsgarant für den Unterricht mit Deutschlernenden gilt es zu hinterfragen, wenn es sich um Inhalte der Basiskompetenzen auf dem Niveau der 9. Klasse handelt.
Mathematische Kompetenz und Intelligenz
- Signifikate Korrelation zwischen der mathematischen Kompetenz und den erreichten IQ-Werten zeigen sich stichprobenübergreifend. Folglich zeichnet sich der fachlich fundierte Zusammenhang zwischen Mathematik und Intelligenz, auch in den vorliegenden Daten kulturübergreifend in allen drei Stichproben ab.
- Bei Items zur Klassifikation scheint es sich um eine, wie v
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Projektdauer:05.07.2016 bis 21.02.2020
Projektbeteiligte:
Prof. Dr. Werner, Birgit (Betreuung) [Profil]
Höhr, Rebecca [Profil]


In Zusammenarbeit mit:Reallabor Asylsuchende in der Rhein-Neckar-Region

allgemeinbildenden und beruflichen Schulen in 22 Städten Baden-Württembergs
21 Berufsschulen
6 allgemeinbildende Schulen (1 Gymnasialklassen, 2 Realschulklassen, 2 Gemeinschaftsschulklassen, 1 Werkrealschulklasse)
Artikel in wiss. Zeitschriften
Hoehr, R. (2019). "Mathematik - Sprache - Kultur" - Eine explorative Studie zur Betrachtung mathematischer Kompetenz im interkulturellen Vergleich., Sprache im Beruf, 2(1), 34-55.

Verweis auf Webseiten:
keine
Angehängte Dateien:
keine
Erfasst von Rebecca Höhr am ..    
Projekt-ID:734