Methodik und Didaktik der Textanalyse
- Fak. 2 - Deutsch (mit Sprecherziehung)
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:Häufig wird davon ausgegangen, dass der Sinn ein Interpretationseffekt und keine Texteigenschaft ist. Tatsächlich ist diese Annahme bereits ein Aspekt jener viel diskutierten "Krise der Interpretation", die zu einer grundsätzlichen Infragestellung der Praxis des Interpretierens geführt hat: Wenn erst der Interpret dem Text Sinn zuschreibt, ist der Sinn dann nicht eine beliebige Größe? Ein erster Schritt zur Überwindung dieser Krise kann in der Erkenntnis liegen, dass sie vor allem von einer bestimmten, zweifellos sehr alten Lesepraxis bedingt wird, nämlich der auslegenden Interpretation, bei welcher die Deutung des Textes dadurch vollzogen wird, dass der Interpret ausspricht, was der Text meint. Diese Relation zwischen Sinn und Deutung beruht auf der semiotischen Unterscheidung von Form und Inhalt, die ermöglicht, dass der Text als Form aufgefasst wird, der man einen Inhalt durch Interpretation entnehmen kann. Die Überwindung der Krise der Interpretation beginnt, so die Ausgangshypothese des Projekts, dort, wo das Textverstehen nicht mehr von der auslegenden Interpretation her gedacht wird. Im Zentrum des auf die Arbeiten von Henri Meschonnic aufbauenden Forschungsprojekts steht daher eine Leseform, die außerhalb des Form-Inhalt-Dualismus des Zeichens angesiedelt ist: das systemische Lesen. Das systemische Lesen stellt keine neue Form des Lesens dar; es ist so alt wie das Lesen selbst, da seine Wurzeln nicht im Leseakt selbst, sondern im Hören liegen, im Hören auf die Sinnbewegung im Äußerungsakt. Beim systemischen Lesen geht es um ein Lesen, das der sinnmachenden Organisation der geschriebenen Rede, d.h. der Artikulation des jeweiligen Textsystems, nachspürt. Im Zentrum der systemischen Lesepraxis steht daher nicht das, was ein Text sagt, sondern das, was er durch die Art und Weise seines Sagens macht, also seine performative Dimension. Die textuelle Performativität erschließt sich, wenn man die systemische Organisation des Textes, d.h. die vielfältigen Zusammenhängen zwischen den Textelementen aufspürt. In dem Projekt werden Grundlagen für die Methodik des systemischen Lesens erarbeitet und didaktische Konzepte für das Heranführen an die systemische Textanalyse im Deutschunterricht entwickelt.
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Ergebnis:siehe Publikationen
:18.04.2003 bis 18.04.2031
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Prof. Dr. Lösener, Hans (Leitung) []


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Prof. Dr. Hans Lösener 18.04.2013
Prof. Dr. Lösener, Hans 30.01.2020
    
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